Sie steht in der Küche und kocht. David wird sich sicher freuen, wenn ich ihm heute wieder sein Lieblingsessen mache.
Plötzlich ist lautes Klopfen zu hören.
„Mach schnell auf, Michal!“ Sie lässt alles liegen und stehen und läuft zur Tür.
„Was machst du denn schon so früh hier? Ich dachte du kommst erst in einer dreiviertel Stunde.“
„Ich musste früher gehen. Dein Vater hat wieder mit einem Speer nach mir geworfen und ich konnte gerade so ausweichen“, erzählt ihr Mann knapp.
„Wie bitte?! Das kann doch nicht sein ernst sein! Vater hat sich so verändert, seit er weiß, dass du der Thronfolger sein wirst.“
„Und ich so erfolgreich im Krieg bin…“, ergänzt David während er rein kommt. „Wie auch immer, ich muss mich erst mal ausruhen.“
Als David im Schlafzimmer verschwunden ist, bemerkt Michal ein Licht auf der Straße. Neugierig und mit einem beklemmenden Gefühl im Bauch späht sie hinaus.
Das sind Boten des Königs. Und sie wollen höchst wahrscheinlich zu David! Nach allem, was er mir gerade gesagt hat… Erschrocken fährt sie zurück. Ich muss ihn sofort warnen!
„Schatz, bitte hör mir jetzt gut zu.“
Michal hat das Schlafzimmer betreten und wirkt sehr ernst.
„Wenn du heute Nacht nicht um dein Leben fliehst, wirst du den Morgen nicht mehr erleben.“
„Wieso sagst du das?“ David sieht sie besorgt an. In den Augen seiner Frau glitzert es. Sie kämpft mit den Tränen.
„Vater hat Boten um unser Haus postiert, um dich bewachen und höchst wahrscheinlich umbringen zu lassen.“
„Und was machen wir jetzt?“ Ihr Mann wirkt wie gelähmt.
„Du musst hier raus.“ Entschlossen holt sie ein Seil von einem Haken. „Ich seile dich durch das Fenster ab, das auf der straßenabgewandten Seite liegt. Und dann: Lauf!“
David steht auf und umarmt Michal. „Was machst du dann ohne mich?“
„Ich werde schon klar kommen. Hauptsache, du bleibst am Leben. Ich werde für dich beten“, sagt sie leise. Eine Träne rinnt ihr über das Gesicht, als sie ihren Mann ein letztes Mal fest drückt und sie sich zu Abschied küssen. „Ich werde dich vermissen“, versichert ihr David. Dann sichert Michal ihn, damit er sicher durch das Fenster auf den Boden gelangt. Sie sieht ihm nach, bis ihn die Dunkelheit völlig verschluckt hat.
[Fortsetzung folgt]