In der Höhle

„Mein König, Saul liegt hier in dieser Höhle!“ Aus seinen Gedanken gerissen, schaut David zu einem seiner Männer auf. „Saul ist noch immer König von Israel!“ erwidert er etwas gedankenverloren. Nach einer Weile hat er sich wieder gefunden und fragt den Mann, was Saul hier mache. „Er liegt hier und ruht sich nach der Verfolgung aus.“
David erhebt sich. Er schüttelt sich den Staub von seinem Gewand ab. Das Sitzen hat ihm gut getan. Seine Füße schmerzen nicht mehr so sehr und er kann sich schon wieder gut bewegen, ohne bei jedem Schritt stechende Schmerzen zu verspüren. Trotzdem fällt das Gehen schwer und die Männer werden noch eine Flucht nicht überstehen können. David schleicht sich an den Eingang der Höhle.
Er erkennt Saul schon von weitem. Selbst beim Liegen legt der König sein weder sein Gewand noch seine Krone auf dem Boden. David fängt an zu zittern und das Zittern kommt nicht davon, dass er müde ist. Er hat Angst vor dem König. Sich dem König zu nahen und ihm was anzutun traut er sich nicht, denn er ist genauso gesalbt mit Öl wie David selbst. Dennoch hat Gott gesagt, er hat den König ihm in die Hand gegeben. Unentschlossen, was er tun will, holt David ein kleines Messer aus seiner Tasche und schleicht ganz vorsichtig, einen Fuß vor den anderen setzend, auf den König zu. Seine Männer schauen ihn erwartungsvoll von hinten zu und sehen nicht den Angstschweiß Davids und hören nicht das Pochen seines Herzens. Er dreht sich langsam zu seiner Armee um, die ihm signalisiert, dass er weitergehen soll, doch David ist sich unsicher.
Er weiß ganz genau, dass er den König nicht töten darf, obwohl seine Männer genau das von ihm erwarten. Mit jedem Schritt merkt David, dass Michal ihrem Vater in gewisser Weise ähnlich sieht. Sie haben die gleiche Nase und ähnliche Gesichtszüge. Saul hat aber schon graues Haar und einen langen Bart. David mustert Saul lange, bevor er sich entschlossen hat, nur einen Zipfel des Gewandes vom König abzuschneiden um dann wieder zurück zu kehren. Er führt das Messer sehr langsam zu dem Zipfel des Mantels. Er spürt sein Herz im Hals schlagen. Der Schweiß läuft ihm von der Stirn und von den Händen. Zitternd nimmt er den Zipfel in seine Hand, mit der Anderen das Messer. Vorsichtig, um Saul nicht zu wecken, schneidet er den Zipfel ab und legt den Mantel wieder geräuschlos hin.

[Fortsetzung folgt…]

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